Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen
Auf dem Weg in eine klimafreundliche Zukunft sind die erneuerbaren Energien unverzichtbar. Das Energie- und Klimaprogramm Sachsen 2021 sieht daher in den kommenden Jahren unter anderem einen deutlichen Ausbau der Windenergie vor. In diesem Zusammenhang werden die wesentlichen Rahmenbedingungen für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen im Freistaat Sachsen erläutert.
Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sind nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz in Verbindung mit der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen genehmigungsbedürftig, wie auch zahlreiche andere technische Anlagen, beispielsweise Gießereien, Steinbrüche, Kohlekraftwerke, Anlagen für chemische Produkte, Lackierereien, Schweinemastanlagen und Schrottplätze. Die Antragstellung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren erfolgt elektronisch mittels des Antragstellungsprogramms ELiA.
Im Freistaat Sachsen regeln das Ausführungsgesetz zum Bundes-Immissionsschutzgesetz und zum Benzinbleigesetz und die Sächsische Immissionsschutz-Zuständigkeitsverordnung, welche Behörde für die jeweilige Genehmigung einer Anlage zuständig ist. In der Regel sind für Windenergieanlagen die unteren Immissionsschutzbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte zuständig, in besonderen Fällen jedoch die Landesdirektion Sachsen. Das Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft ist nach dem Ausführungsgesetz zum Bundes-Immissionsschutzgesetz und zum Benzinbleigesetz die oberste Immissionsschutzbehörde und übt die Fachaufsicht über die vorgenannten Behörden aus.
Nach § 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist die Genehmigung bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen zu erteilen. Das setzt zunächst voraus, dass der Standort bauplanungsrechtlich zulässig ist und beispielsweise den erforderlichen Mindestabstand zur Wohnbebauung nach § 84 der Sächsischen Bauordnung einhält. In Sachsen werden zudem Vorrang- und Eignungsgebiete zur Errichtung von Windenergieanlagen von den vier Regionalen Planungsverbänden in ihren Regionalplänen festgelegt.
Im Genehmigungsverfahren werden alle maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Belange nach dem einschlägigen Fachrecht geprüft. Hierzu gehören unter anderem die Belange des Naturschutzes, einschließlich des Artenschutzes, des Baurechts, des Arbeitsschutzes und der Verkehrssicherheit wie auch der Schutz der Anwohnerschaft vor erheblichen Belästigungen durch Schall und periodischen Schattenwurf. Bei Abwägung verschiedener Belange sowie bei Ermessensentscheidungen im Rahmen fachrechtlicher Prüfungen ist zu berücksichtigen, dass nach § 2 des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes Windenergieanlagen im überragenden öffentlichen Interesse stehen und der öffentlichen Sicherheit dienen.
Für die Behörde beginnt das Verfahren zur Genehmigung mit dem Eingang des Antrages und der damit einzureichenden Unterlagen. Zunächst wird der Antrag auf Vollständigkeit geprüft. Die Unterlagen sollen den Sachstand klar darlegen und die ausführliche Genehmigungsprüfung ermöglichen. Fehlen Unterlagen, so werden diese nachgefordert. Bestimmte Unterlagen können in Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde auch zu einem späteren Verfahrenszeitpunkt nachgereicht werden.
Das immissionsschutzrechtliche Verfahren wird entweder als Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder als vereinfachtes Verfahren nach § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in Verbindung mit der Verordnung über das Genehmigungsverfahren durchgeführt. Welches Verfahren Anwendung findet, hängt vom Umfang des geplanten Vorhabens ab. Bei Windparks mit 20 oder mehr Windkraftanlagen ist immer ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, bei weniger als 20 Windkraftanlagen kommt es auf den Einzelfall an. Selbst wenn an sich ein vereinfachtes Verfahren durchzuführen wäre, kann vom Vorhabenträger aber auch freiwillig ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung gewählt werden. Ziel der Öffentlichkeitsbeteiligung ist, dass bei großen Vorhaben einzelne – möglicherweise entscheidungserhebliche Aspekte – nicht aus dem Blick geraten. Losgelöst von der möglichen Beteiligung der Öffentlichkeit wird eine umfassende Prüfung aller möglicherweise relevanten Belange durch die entsprechenden Fachbehörden durchgeführt. Der Beurteilungsmaßstab ist unabhängig von der Form des Verfahrens.
Dass dem Genehmigungsverfahren zugrundeliegende Bundes-Immissionsschutzgesetz ist darauf ausgelegt, ein hohes Schutzniveau für die Umwelt zu gewährleisten, indem insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft vermieden werden. Liegen die rechtlichen Voraussetzungen vor, ist die Genehmigung zu erteilen. Es besteht in diesem Fall also ein Rechtsanspruch des Antragstellers auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Diese Rechtssicherheit für Betreiber ist ein fester Bestandteil unseres Rechtssystems, das vor willkürlichen Eingriffen in das Eigentum und den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schützt.
Zur Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen wurde mit der sogenannten Flexibilisierungsklausel nach § 20 Abs. 3 des Landesplanungsgesetzes eine Möglichkeit geschaffen, vom Ziel 5.1.3 des Landesentwicklungsplanes 2013 im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens abweichen zu können. Die gemeinsamen Anwendungshinweise des Sächsischen Staatsministeriums für Regionalentwicklung und des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft zum Vollzug des § 20 Abs. 3 des Landesplanungsgesetzes wurden den Genehmigungsbehörden zur Anwendung empfohlen.
Mit dem Neuerlass der Flexibilisierungsklausel durch den Sächsischen Landtag am 12. Juni 2024 besteht nun Klarheit bezüglich der Anwendbarkeit. Die Flexibilisierungsklausel wurde mit Rückwirkung zum 28. September 2023 beschlossen, sodass betroffene Verfahren rechtssicher weitergeführt werden können.
Eine besondere Relevanz der Flexibilisierungsklausel ergibt sich durch die rechtswirksam ausgewiesenen Windenergiegebiete, vor allem für die Planungsregionen Leipzig-Westsachsen, Oberlausitz-Niederschlesien und den Altkreis Döbeln. Gemäß § 6a WindBG gelten die dort bereits vor dem 19. Mai 2024 ausgewiesenen Windenergiegebiete zugleich als sogenannte Beschleunigungsgebiete im Sinne des Artikels 15c der europäischen Richtlinie RED III.
- Gemeinsame Anwendungshinweise des SMR und des SMEKUL zum Vollzug des § 20 Abs. 3 SächsLPlG, Stand 21. August 2024 (*.pdf, 0,25 MB) Dokument ist barrierefrei. Eine Kopie des Originals kann bei Bedarf bei Referat 46 »Immissionsschutz, Störfallvorsorge« des SMEKUL angefordert werden.
Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ist häufig zu prüfen, ob die Windenergieanlage das Erscheinungsbild eines Denkmals erheblich beeinträchtigt. Dazu wird die Denkmalschutzbehörde am Genehmigungsverfahren beteiligt. Das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft und das Sächsische Staatsministerium für Regionalentwicklung haben aufeinander abgestimmte Erlasse herausgegeben, die von den Genehmigungs- und Denkmalschutzbehörden zu beachten sind.
Der Erlass des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft ist vom 17. Mai 2024 und der Erlass des Sächsischen Staatsministeriums für Regionalentwicklung vom 14. Mai 2024.
- Erlass zur Beachtung des Denkmalschutzes im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen, SMEKUL, Stand 17. Mai 2024 (*.pdf, 0,14 MB) Dokument ist barrierefrei. Eine Kopie des Originals kann bei Bedarf bei Referat 46 »Immissionsschutz, Störfallvorsorge« des SMEKUL angefordert werden.
- Erlass des SMR zu Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen (WEA) mit Anlage, Stand 14. Mai 2024 Dokument ist barrierefrei. Eine Kopie des Originals kann bei Bedarf bei Referat 53 »Denkmalpflege und Denkmalschutz« des SMR angefordert werden.
Weitere Informationen
Die Dialog- und Servicestelle erneuerbare Energien bei der Sächsischen Energieagentur GmbH stellt kostenfrei allen Bürgerinnen und Bürgern, Kommunen und Unternehmen in Sachsen ein breites und fachlich fundiertes Beratungs- und Informationsangebot zur Verfügung und unterstützt bei der Lösung von Konflikten.